Externe Untersuchung: Chance und Risiko

Externe Untersuchung glaubwürdig kommunizieren

Compliance-Verstösse, Missbräuche, Verfehlungen oder öffentliche Vorwürfe jeder Art: In vielen Fällen drängt sich eine «externe Untersuchung» auf. Ziel: Klarheit schaffen, Verantwortungen benennen und angemessene Konsequenzen ziehen. Doch oft passieren Fehler, die das Reputationsrisiko erhöhen, anstatt Vertrauen wiederherzustellen.

Ist der öffentliche und mediale Druck hoch, suchen Organisationen nach Entlastung. Einem Ventil, Zeit zu gewinnen und die Basis für einen möglichen späteren «Befreiungsschlag» zu legen. Hierzu eignet sich – unter anderem – eine externe Untersuchung. Diese verschafft kommunikativ Zeit und Luft, um Vorwürfe fundiert und sorgfältig abzuklären bzw. abklären zu lassen. Untersuchungen sind allerdings mit erheblichen Risiken behaftet. Der folgende Überblick zeigt einige zentrale Chancen- und Risikofaktoren auf.

  • Eine externe Untersuchung bietet die Chance, eine kritische Geschichte nachhaltig zu bereinigen und glaubwürdig Vertrauen zu bilden. Dazu sind unter anderem folgende Voraussetzungen zu erfüllen:

    • Tatsächliche Unabhängigkeit und neutraler externer Absender der Untersuchung

    • Lückenlose Transparenz

    • Klare Benennung von Verfehlungen und Verantwortlichkeiten

    • Nachvollziehbare Schlussfolgerungen und Konsequenzen, wenn nötig auch personell

    • Ausreichend selbstkritische, problembewusste und lösungsorientierte Kommunikation

    • In der Regel: vollständige Publikation des Untersuchungsberichtes insbesondere mit Blick auf nationale und kantonale Öffentlichkeits-Bestimmungen (BGÖ), Share- und Stakeholder-Erwartungen, Gemeinnützigkeit, Bezug öffentlicher Gelder oder Spenden etc.

  • Die Gefahr ist gross, dass beim Setting, der Durchführung oder der Kommunikation einer Untersuchung verhängnisvolle Fehler passieren:

    • Angreifbares Setting, Auftrag erfolgt nicht an unabhängige Stelle (Beispiele: Vertraute Anwaltskanzlei oder eigene Revisionsstelle mit entsprechenden Interessenkonflikten)

    • Nicht vollständige, lückenhafte Untersuchung

    • Untersuchung beantwortet nicht alle wesentlichen Fragen

    • Untersuchungsbericht wird durch Auftraggeber «redigiert» oder «entschärft»

    • Untersuchungsbericht wird nicht vollständig publiziert (was später trotzdem passiert, etwa durch Leak, öffentlichen Druck oder nach BGÖ-Klage)

    • Untersuchungsbericht wird zu grossflächig geschwärzt (z.B. mit Verweis auf Persönlichkeits- oder Datenschutz)

    • Verantwortliche werden nicht klar benannt

    • Unzureichende Schlussfolgerungen und Konsequenzen

    • Unvollständige oder schönfärberische Kommunikation, mangelnde Selbstkritik

Es ist alles andere als einfach, die Risiken komplett auszuschliessen. Denn in vielen Fällen stossen bei einer Untersuchung und deren Kommunikation, abgesehen von Reputationsfragen, zahlreiche Interessen aufeinander: unternehmerische, juristische – und vor allem: persönliche. Insbesondere wenn das Management in der Verantwortung steht, womöglich also eine CEO- oder Verwaltungsratsposition auf dem Spiel steht. Deshalb gehört es zu den schwierigsten Herausforderungen in der Beratung, die Risiken im Gesamtinteresse zu minimieren und damit den Chancen zum Durchbruch zu verhelfen. Dabei gilt es insbesondere Interessenkonflikte auszuräumen. Sind Auftrag, Durchführung, Konsequenzen oder die Kommunikation der Untersuchung nur ansatzweise fehlerhaft, droht ein zusätzlicher Reputationsschaden anstelle der erhofften glaubwürdigen Vertrauensbildung. Die Folgen sind abermals Druck und Folgegeschichten, der Befreiungsschlag wird zum Bumerang.

Eine externe Untersuchung darf keine offenen Fragen und nicht die geringsten Zweifel hinterlassen. Und sie muss zu adäquaten Konsequenzen führen. Dessen müssen sich Auftraggeber von Beginn weg bewusst sein.
— Roland Binz
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